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2. Mai 2020 – Zum Anschauen und Mitlesen
Liebe Besucherinnen und Besucher der Homepage der Erlösergemeinde! Liebe evangelische Schwesterngemeinde!
Am kommenden Sonntag, dem 4. Sonntag der Osterzeit, sagt Jesus im Tagesevangelium von sich: „Ich bin die Tür!“
Eine Tür ermöglicht, ein Gebäude zu betreten oder in einem Gebäude von einem Zimmer ins andere zu gehen, sofern die Tür offen ist oder sich öffnen lässt. Auch im übertragenen Sinn reden wir immer wieder von „offenen Türen“ oder „dem Tag der offenen Tür“.
In den letzten Wochen konnten wir zwar unsere Türen zur Außenwelt aufmachen und auch die Kirchentüren offen lassen für Besucher, aber eigentlich lautete die Devise: „Zuhause bleiben!“, nur in den wirklich nötigen Fällen das Haus verlassen. Alle sollten sich hinter ihren verschlossenen Türen vor Ansteckung schützen, vor allem damit sich der Virus nicht zu schnell ausbreitet und es zu keinen Pflegenotstand kommt.
Die Tür als Schutz vor Gefahren.
Doch schon bald berichteten die Medien von zunehmender häuslicher Gewalt hinter den verschlossenen Türen, vor allem an Frauen und Kindern.
Die verschlossene Tür als unüberwindliches Hindernis, als Zeichen der Unfreiheit, des Gefangenseins, auch im übertragenen Sinne.
Es ist klar, einer intakten Familie kann es auch hinter verschlossenen Türen gelingen, möglichst friedlich das enge oder auch beengte Zusammenleben zu meistern. Aber dies trifft nicht zu auf Familien, in denen sich die Ehepartner schon lange nicht mehr verstehen und lieber aus den Weg gehen oder andere Konflikte in den Familien brodeln.
Ich selbst habe einen Bericht im Fernsehen von einer sechsköpfigen Familie gesehen, die in einer viel zu kleinen Stadtwohnung ohne Balkon und Garten lebt. Ein Kind der Familie steht kurz vor dem Abitur, findet aber verständlicherweise derzeit nicht die nötige Ruhe, um zu lernen, denn es gibt keinen ruhigen Rückzugsort.
Wenn ich in den letzten Tagen immer wieder einmal durch die Straßen meiner Pfarreien gelaufen oder mit dem Fahrrad gefahren bin, habe ich mich auch immer wieder gedacht: Was mag wohl jetzt in diesem Moment alles hinter diesen verschlossenen Türen geschehen?
Sicher passiert dahinter alles Mögliche: da gibt es ein friedliches Einvernehmen, aber auch Streit und Konflikte, da herrschen Einsamkeit und traute Zweisamkeit, usw.
Geschlossene Türen können Schutz bedeuten, aber auch das Gefühl von Gefangen sein geben. Es ist auch ein Unterschied, ob ich freiwillig die Tür zum Schutz schließe, oder ob ich gezwungen werde, staatlich verordnet, daheim zu bleiben.
Jetzt haben wir schon seit einer Woche eine kleine Lockerung der strengen Vorschriften, viele Geschäfte haben wieder offen und ab Montag dürfen nun auch wieder unter strengen Auflagen Gottesdienste gehalten werden.
Die Türen werden wieder leicht geöffnet und die Mehrheit ist sicherlich froh darüber.
Im heuten Sonntagsevangelium vergleicht sich Jesus selbst mit einer Tür. Aber nicht mit einer besonders prächtigen Tür, z. B. zu einem Palast, zu einer Kirche, zu einem Tempel, nein. Er ist die schlichte Tür zum Schafstall.
Jesus – eine Schafstalltür – eigentlich ein komisches Bild.
Während ich darüber nachdenke und ein passendes Bild auf Google suche, aber keines finde, lese ich noch einmal nach und stelle fest: Jesus ist nicht die Tür zum Schafstall, sondern zu den Schafen.
Was soll das bedeuten? Jesus ist die Tür, der Zugang zu den Schafen? Nur durch Jesus erreiche ich die Schafe?
Da erinnere ich mich an einen andere Bibelstelle, wo Jesus von sich sagt: Ich bin der gute Hirte. Ich kenne die meinen und die meinen kennen mich und sie hören auf meine Stimme. Ähnliches ist ja auch im heutigen Evangelium zu lesen.
Da wird mir als Pfarrer und Seelsorger bewusst: Nur wenn ich im Sinne Jesu rede und handle, erreiche ich die Menschen. Übertragen auf unsere Gemeinde, oder auf alle Christen heißt dass, nur wenn wir im Sinne Jesu reden und handeln, erreichen wir unsere Mitmenschen. Nur so können wir sie für den Glauben, für die Kirche begeistern, nur so öffnen sie uns die Türen ihrer Herzen und wir dadurch ihnen Türen zu neuen Lebensperspektiven.
So wie es auch im Evangelium geheißen hat: Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Jesus hat durch seine Lehre und vor allem durch sein Beispiel neue Lebensräume, neue Lebensperspektiven eröffnet.
Ich will es einmal an ein paar Beispielen verdeutlichen:
- den Zöllner Zachäus hat er zur Umkehr berufen
- der Ehebrecherin hat er einen Neuanfang ermöglicht
- Blinde hat er sehen gemacht
- Kranke geheilt
- seine Jünger und auch andere Menschen hat er so begeistert, dass sie alles liegen und stehen lassen haben und ihm gefolgt sind.
Den wichtigsten Lebensraum, den er uns durch seinen Tod und seine Auferstehung eröffnet hat, ist die Tür zum Reich Gottes, zum ewigen Leben. Wer an ihn glaubt, hat Anteil am ewigen Leben.
Was bedeutet das nun für mich als Pfarrer, für uns als Kirchengemeinde? Erst einmal sind wir eingeladen, bewusst genauer hinter die Türen der Häuser und Wohnungen unserer Gemeinde zu schauen. Nein, nicht aus Neugier, sondern, um vielleicht leise, stille Schreie nach Hilfe wahrzunehmen, verborgene Armut zu erkennen, Einsamkeit zu spüren …
Wir sind eingeladen, von Jesus zu erzählen, im Sinne Jesu zu reden und zu handeln, um somit die Türen der Herzen unserer Mitmenschen zu öffnen, sie zu begeistern.
Wir sind eingeladen, neue Lebensperspektiven zu eröffnen, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, den Menschen trotz so mancher Hoffnungslosigkeit Mut zuzusprechen, Hoffnung zu schenken, durch den Glauben an die Auferstehung und das ewige Leben Trost in der Trauer zu spenden, den Glauben, die Gemeinschaft als Halt und als Kraftquelle zu erleben und erlebbar zu machen.
Wir sind eingeladen, die Türen unserer Herzen für andere zu öffnen und somit die Türen ihrer Herzen für die Botschaft Jesu zu öffnen.
Wir sind eingeladen, die Türen unserer Kirchen für alle offen zu halten und als offene Gemeinde jedem, der möchte, den Zugang zum Reich Gottes zu eröffnen.
Mit diesen Gedanken wünsche ich allen einen gesegneten Sonntag. Amen.
Marcus Wolf – Pfarrer in St. Otto, St. Gangolf, Maria Hilf in Bamberg
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