2. Juli 2020 – Zum Anhören, Mitlesen (und Riechen)
Ein persisches Sprichwort sagt: „Pflanzendüfte sind wie Musik für unsere Sinne.“ Und welche Jahreszeit eignet sich mehr um dieses Sprichwort zu erforschen als der Frühsommer. Selbst unter den Gerüchen der Stadt, den Abgasen der Autos, den Ausdünstungen der Menschen können wir sie finden. So übertönen blühende Linden am Rand einer Straße mit ihrem honigsüßen Duft alles andere. Ich werde herausgerissen aus meinem Trott und spüre eine Verzauberung, die einige Zeit anhält.
Fahre ich dann auf dem Fahrrad hinaus an den Kanal, in die Wiesen und den Wald, erlebe ich ganze Symphonien an Gerüchen und Düften: modrig feucht der Fluss, harzig moosig der Wald, bittere Süße der Ligusterblüten in der Hecke, süß zitronig eine Rose im Garten, staubig trocken der Weg.
Wenn dann ein sanft tröpfelnder Landregen einsetzt, werde ich sofort in meine Kindheit zurückversetzt. Wir rannten aus dem Haus und hüpften begeistert im Regen umher.
Sicher haben Sie auch Düfte und Gerüche, die Sie an ein schönes oder auch trauriges Erlebnis denken lassen, die Erinnerungen an Urlaube, Feste oder wichtige Menschen hervorrufen.
Ich weiß noch, wie meine Schule gerochen hat, die Züge, die aus der DDR kamen, die erste Freizeit mit einer Jugendgruppe, der Kuchen meiner Oma und die Handcreme einer Mutter.
Düfte fesseln uns, lassen uns innehalten, regen an, erfrischen und können uns Momente der Aufruhr aber auch der Stille bescheren.
Guy de Maupassant schreibt in „Fort comme la mort": „All diese flüchtigen Düfte, die der Straßen, der Felder, der Häuser, der Möbel … die süßen und die schlechten, die warmen Düfte der Sommernächte und die kalten der dunklen Winterabende, sie alle rufen Erinnerungen hervor, gerade so, als ob im Duft selbst die vergangenen Dinge einbalsamiert wären.“
Im hohen Lied der Liebe im 4. Kapitel heißt es: „Wieviel süßer als Wein ist Deine Liebe – Deine Salben köstlicher als alle Balsamdüfte – Von Deinen Lippen tropft Honig – der Duft Deiner Kleider ist wie des Libanon Duft.“
Und im ersten Buch Mose baut Noah einen Altar und opfert Brandopfer. „Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr verfluchen die Erde um der Menschen willen; …Solange die Erde steht soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“
Gott lässt sich von dem lieblichen Geruch der Brandopfer anrühren. Es gibt Düfte der Heiligkeit. Weihrauch und Myrrhe, Ausdünstungen der Verwesung, die als Sinnbild für Sünde stehen, Ingwer, Koriander, Rose und Jasmin, die für Wohlbefinden und Gesundheit stehen.
Ich wünsche ihnen, dass sie sich auf eine Reise begeben können, ohne verreisen zu müssen. Diese Reise möge Ihnen viele Dufterlebnisse bringen und Ihren Tag zu einem Tag voller Musik machen.
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