Daheimgeblieben

20. August 2020 – Zum Anhören und Mitlesen

Daheimgeblieben – Martin Neubauer

„Einsamer nie als im August …“ so beginnt ein Gedicht von Gottfried Benn. Ja, dieses Gefühl kenne ich. Wenn ringsum alle Welt in Urlaub gefahren zu sein scheint, und man selbst sitzt zuhause – fast fühlt man sich da als Außenseiter, der einfach keine Reise „auf die Reihe gekriegt“ hat.

Urlaubszwang, etwas belastend – fast wie der zu Wohlbefinden an Weihnachten.

In diesem Jahr ist freilich so manches Fernweh finanziell vereitelt worden, manche Reiselust corona-getrübt. Wer diesmal daheimgeblieben (fränkisch: derhamgerbliehm) ist, wird sich damit also nicht so einsam finden.

Natürlich ist Urlaubsdruck ein Unsinn, denn wir gleich loslassen sollten. Freie Tage zuhause bergen aber auch das Risiko, ständig vom Alltag eingeholt zu werden.

Da ist es wunderbar, sich diese Sommertage mit einem stressfreien Programm nach eigener Wahl zu füllen, diese vielleicht vorfreudig aufzuschreiben, und schon in den Gedanken regelrecht zu baden. Spazierwege im Umland, kleine Tagesausflüge, ein Buch, das ich schon so lange einmal lesen, ein Musikstück, das ich genauer anhören wollte … Wann habe ich das letzte Mal ohne künstlerischen Druck ein Bild gemalt, meine Gedanken aufgeschrieben, dem Wiegen der Blätter im Wind zugesehen … Mit der oder jenem ausführlich geredet … Was fällt Ihnen persönlich noch ein? So lange schon gewollt?

Zeit, sich zu erproben und zu erfahren, Zeit auch für das dolce farniente (das süße Nichtstun).
Auch wer in diesen Tagen arbeitet, kann sich häppchenweise, immer wieder damit selbst beschenken.
„Man dient Gott auch durch Nichtstun.“ wusste schon Martin Luther

Einfach einmal „Nichtstuend“ in einer Kirche sitzen und die Stille wirken lassen?
Beten ohne Worte.
Zeit für Seelenurlaub.

Der Karmelit Johannes von Kreuz sagte:
„Man muss dem Innern die entspannte Ruhe zugestehen,
auch wenn man überzeugt ist, die Zeit mit Nichtstun zu verlieren.
Das einzige, was man in diesem Zustand tun kann ist dies:
sich ausschließlich hingeben an ein liebevolles und friedvolles Innewerden Gottes.“

Das geht überall. Auch daheim.

Martin Neubauer


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